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Sieben Fragen an Harry Assenmacher (ForestFinance)

Harry Assenmacher, Geschäftsführer der ForestFinance GmbH in Bonn

Harry Assenmacher ist Gründer der ForestFinance Gruppe und Geschäftsführer der ForestFinance GmbH in Bonn. Diese forstet seit Mitte der 90er Jahre ökologische Mischforste in Panama auf, seit einigen Jahren auch in Vietnam, Kolumbien und Peru. ForestFinance bietet heute privaten sowie institutionellen Anlegern weltweit Direktinvestments in ökologische Aufforstungen und nachhaltige Waldprojekte an. Die über 20.000 Kunden der Gruppe haben die Auswahl zwischen einer Reihe von Produkten, die alle auf nachhaltiger Aufforstung in Verbindung mit einem Grundstück basieren und unterschiedlich hohe Renditen prognostizieren. Für fairzinsung beantwortete Harry Assenmacher die folgenden Fragen.

Herr Assenmacher, laut einer Studie des Projekts „Global Forest Watch“ (GFW) gingen allein 2018 zwölf Millionen Hektar Tropenwald verloren, das waren in jeder Minute weltweit umgerechnet 30 Fußballfelder Wald. Haben Sie angesichts dieser Entwicklung nicht das Gefühl, gegen Windmühlenflügel zu kämpfen?

Ja. Aber Don Quijote ist ja dann auch noch ein Welterfolg und Klassiker geworden. Aber im Ernst: Sie haben nicht ganz Unrecht – die ‚Lage‘ ist derart dramatisch, dass man schon verzweifeln könnte. Andererseits, wir sind von Beginn an als ‚Beispiel‘ angetreten und schon ein wenig stolz darauf, dass unsere Methodik inzwischen (nach einem Vierteljahrhundert!) doch langsam sich verbreitet und anerkannt wird.

Der Klimawandel und seine Folgen sind nun wirklich sehr vielen Menschen bewusst. Nur die Politik hinkt mit dem Handeln hinterher.“

Der Wald ist für uns Deutsche ja fast schon ein mythisches Wesen. Bereits vor 35 Jahren übernahmen die Franzosen unseren Ausdruck für die damals konkrete Bedrohung und sprachen von „le Waldsterben“. Die Bedrohung scheint bei uns genauso verschwunden zu sein wie das Bewusstsein dafür, oder?

Das würde ich nicht sagen. Das Bewusstsein über die ‚Bedrohung‘ hat sich nur erweitert. Es geht längst nicht mehr nur um deutschen Wald, es geht global um Wald und damit auch ganz direkt um die Klimafrage. Und der Klimawandel und seine Folgen sind nun wirklich sehr vielen Menschen bewusst. Nur die Politik hinkt mit dem Handeln hinterher.

Der Begriff Nachhaltigkeit kommt ja aus der Forstwirtschaft, wird aber längst auf viele andere Bereiche übertragen. Sehen Sie eine Gefahr der Entwertung dieses inflationär benutzten Begriffs?

So eine Gefahr besteht immer in unserer medial-aufgeregten Welt. Und eine ‚Entwertung‘ findet nicht statt durch eine häufige, ‚inflationäre‘ Verwendung, sondern dadurch, dass Nachhaltigkeit benutzt wird, um eben nicht nachhaltiges Handeln ‚grün‘ anzustreichen. Fake-Nachhaltigkeit ist leider sehr, sehr verbreitet und die Menschen lassen sich nicht dauerhaft hinters Licht führen. Das wiederum führt dann eben zu einer Entwertung des Begriffes, weil wertlose Dinge damit gelabelt wurden und werden.

Wald ist ein realer Wert, der nicht durch Börsenspekulationen verschwinden kann.“

ForestFinance will nicht „Spenden“ für den Regenwald sammeln, sondern ein nachhaltiges Wald-Wirtschaftssystem entwickeln, mit Vorteilen für alle Beteiligten. Wie sehen diese Vorteile konkret aus?

Nun, vorausschicken muss man: Spenden sind ok – aber sie lösen nicht das Problem. Sie machen allenfalls auf das Problem aufmerksam. Grundsätzlich muss man aber ein anderes Miteinander-Wirtschaften entwickeln. Wir alle kennen die völlig aus dem Ruder gelaufene ungerechte Verteilung von Reichtum – auf der ganzen Welt. Wir bemühen uns, die Werte (nicht Geld!), die Wald erzeugt, gerecht an alle Beteiligten zu verteilen. An Investoren, an die Menschen vor Ort, die dort arbeiten aber auch an die Natur selbst, indem wir sie nicht als ‚kostenlos‘ zur Ausbeutung freigegeben betrachten – auch das ist Nachhaltigkeit. Wald schafft für Menschen viele Werte und dies zwar langsam, weil er Zeit braucht um zu wachsen, aber eben auch vergleichsweise stabil. Wald ist ein realer Wert, der nicht durch Börsenspekulationen verschwinden kann. Für Investoren bedeutet dies eine andere Art von Sicherheit und Werterhalt als bei normalen Finanzanlagen, aber auch andere Risiken. Das muss man ganz klar sehen.

Sie besuchen jedes Jahr Ihre Waldprojekte in weit entfernten Ländern. Dort sieht man die Dinge wahrscheinlich mit anderen Augen. Was haben Sie dort Neues über den Wald gelernt?

Da reicht der Platz hier nicht. Und das Lernen hört nie auf. Ich kann nur sagen: Wenn man das macht, ändert sich die eigene Sichtweise auf Wald, auf Natur, auf Menschen und auf Ökonomie drastisch.

Noch so ein Dürre-Jahr und es wird für Millionen Bäume auf Leben und Tod gehen, auch bei uns hier.“

Jetzt warnen Wetter-Experten, dass es auch im Jahr 2019 wieder trocken und heiß werden könnte – uns steht ein extremer Sommer bevor. Was bedeutet das für die deutschen Wälder?

Das kann eine veritable Katastrophe werden. Schon 2018 war extrem schlimm für die Bäume. Die Folgen sieht man zum Teil erst jetzt – Bäume vergessen sowas nicht so schnell. Noch so ein Dürre-Jahr und es wird für Millionen Bäume auf Leben und Tod gehen, auch bei uns hier. Das ist kein Alarmismus, sondern schlichte Forstwirtschaft. Sie werden das künftig in den Medien garantiert verfolgen können.

Achten Sie selbst in ihrem privaten und beruflichen Alltag auf nachhaltige Wirksamkeit, wo kommt das zum Tragen?

Ach, ich bin ja sozusagen ein Alter-Öko schon aus der Anti-AKW-Bewegung der 70er Jahre kommend. Viel ‚Kleinkram‘ von Mülltrennung bis Auto-Vermeidung etc. pp. sind seit Jahrzehnten eingeübt dank ‚tatkräftiger‘ Unterstützung meiner Frau… Die übrigens jetzt kräftig an meiner Vorliebe für Steaks sägt. Der Weg zum Voll-Vegetarier ist vorgezeichnet. Und natürlich habe ich selbst genug Bäume gepflanzt, um alle meinen persönlichen CO2-Müll zu entsorgen. Aber auch hier bin ich der Meinung: Es müssen klare Gesetze her. Individuelle Entscheidungen sind ok – aber auch sie lösen es nicht. Das System ändern Sie nur durch Systemänderungen, nicht nur individuelle Verhaltensänderungen. Das haben die letzten Jahrzehnte ja nun hinlänglich bewiesen.

Die fairzinsung-Redaktion bedankt sich bei Harry Assenmacher für seine ausführlichen Antworten und dass er sich die nötige Zeit dafür genommen hat. Die Fragen stellte Bodo Woltiri.

Kontakt zu Harry Assenmacher: E-Mail assenmacher@forestfinance.de

Infos zu ForestFinance: www.forestfinance.de

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