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„Deshalb setzt das Weltwirtschaftsforum dieses Mal besonders auf ‚Greenwashing‘. So sei man bereits zum vierten Mal klimaneutral organisiert“, berichtet das österreichische Nachrichtenmagazin ZackZack (1) über das aktuelle Davoser Gipfeltreffen und verwendet dabei das Modewort „Greenwashing“. Doch was steckt eigentlich dahinter? Der Begriff Greenwashing ist bereits viele Jahre alt. Er reicht zurück in die Zeit der Umweltbewegungen der 1970er und 1980er Jahre. „Man bezeichnet damit das Verbreiten falscher Informationen, etwa in der Werbung und in der Öffentlichkeitsarbeit, mit dem Ziel, einem Unternehmen oder einem Produkt ein besonders umweltfreundliches Image zu verleihen. Falsch sind die Informationen insofern, als dass die entsprechenden umweltbezogenen Kriterien nicht umfassend erfüllt sind.“ (2) Das gilt natürlich auch für Finanzprodukte und ihre Anbieter. Die fairzinsung Redaktion hat neueste Analysen und Berichte hierzu gesichtet und aufbereitet.

Wie nachhaltig sind nachhaltige ETFs?

Zu den momentan beliebtesten Produkten gehören die ETFs (Exchange Traded Funds, sie bilden die Wertentwicklung eines Börsenindex ab). Diese nicht gemanagten Fonds werden oft wegen geringer Jahreskosten als Wunderkinder der Geldanlage hingestellt. Mittlerweile gibt es immer mehr „nachhaltige“ ETFs. Das Magazin ECOreporter hat kürzlich sieben von ihnen analysiert: „Das Ergebnis ist höchst ernüchternd: Der Inhalt der nachhaltig genannten ETFs dürfte vielen Anlegern schwer im Magen liegen.“ Ein Beispiel: „Die Aktien von Öl- und Kohlekonzernen, Atomkraftbetreibern und Firmen, die Regenwälder abholzen, in einem einzigen Finanzprodukt: Ja, gibt es. Es ist ein ETF, und er trägt den Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ im Namen. Auf Englisch. iShares Dow Jones Global Sustainability Screened ETF heißt das Ganze dann. Ein schlechter Scherz? Mitnichten. Ein erfolgreiches Produkt, hunderte Millionen Euro schwer. Und hochgelobt.“ (3)

Best-in-Class-Verfahren: die am wenigsten Schädlichen unter den Schädlichen

Wie diese subtile Art von Greenwashing in der Regel funktioniert, erklärt ECOreporter so: Die Entwickler des ETF „nehmen einen ganz konventionellen Börsenindex mit vielen Aktien. Dann filtern sie nach einem bestimmten System aus diesen oft tausenden von Aktien die nachhaltigsten 25 oder 50 Prozent jeder Branche heraus. ‚Best-in-Class‘ nennt sich das. Das ergibt dann den nachhaltigen Index, und der ist die Grundlage des ETF. Damit landen dann also auch Aktien aus Branchen, die überhaupt nicht nachhaltig sind (Öl, Kohle, Atomenergie), im grünen Index. Mit der Begründung, dass es immerhin die am wenigsten schädlichen einer nicht-nachhaltigen Branche sind.“

Die sieben Sünden des Greenwashing

Dieses Prinzip heißt „Sin of Lesser of Two Evils: das kleinere Übel betonen“. In einer Studie aus dem Jahre 2010 (4) werden solche Greenwashing-Verfehlungen in 7 Sünden-Kategorien klassifiziert. Die anderen sechs Sünden heißen (in dem „Greenwashing“-Artikel auf „Sustainable People“ beschrieben und übersetzt): Sin of the Hidden Trade-Off – faule Kompromisse, Sin of No Proof – nicht überprüfbare Aussagen, Sin of Vagueness – unklare Aussagen, Sin of Irrelevance – irrelevante Aussagen, Sin of Fibbing – falsche Aussagen, und Sin of Worshiping False Labels – nicht anerkannte oder falsche Labels verwenden. (2)

Was haben Country Overshoot Day und ökologischer Fußabdruck mit meiner Geldanlage zu tun?

Würden alle Menschen auf der Erde so viele natürliche Ressourcen verbrauchen wie wir Deutschen, wäre am 3. Mai 2019 alles aufgebraucht gewesen, was die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren und nachhaltig zur Verfügung stellen kann. Dieses Datum heißt im Fachchinesisch „Country Overshoot Day“. Diesen nahm die Triodos Bank kürzlich in ihrem Blog „Die Farbe des Geldes“ (5) zum Anlass für einen Beitrag über die Nachhaltigkeit von Investmentfonds: „Wir leben also auf Pump, auf Kosten unseres Planten. Was lässt sich tun, um dem entgegenzuwirken? Eine Antwort auf individueller Ebene ist, den persönlichen ökologischen Fußabdruck zu verringern. Das geht zum Beispiel, indem man weniger Fleisch isst, auf Flugreisen verzichtet oder Kleidung bewusst kauft – bzw. bewusst nicht kauft. Eine Stellschraube, die dabei oft übersehen wird, sind die eigenen Finanzen. Insbesondere wenn es um die Geldanlage geht. Zu steuern wohin das eigene Geld fließt und was damit finanziert wird, hat eine große Wirkung auf den persönlichen ökologischen Fußabdruck.“

Dabei wird auf eine Studie der Verbraucherzentrale Bremen (6) Bezug genommen: die Verbraucherschützer hatten 13 Investmentfonds auf ihren CO2-Fußabdruck hin analysiert – und eklatante Unterschiede festgestellt: „Der Fonds, der in der Studie am schlechtesten abschnitt, produzierte rund 740 kg des Klimagases mehr als der Fonds, der am besten abschnitt. (…) Soviel CO2 wird ungefähr auf einer Autofahrt über 4600 km ausgestoßen – also auf einer Fahrt vom Nordkap bis nach Neapel, einmal quer durch Europa.“ (5)

TV Tipp zum Thema:

Wer sich anschaulich über Beispiele für Greenwashing durch Unternehmen informieren möchte, dem sei hier noch die sehenswerte ZDF Dokumentation „Grüne Versprechen – Wie Verbraucher getäuscht werden“ empfohlen. Sie stellt auch die Definition und Historie des Greenwashings vor. Aus dem Inhalt: „Beispiele wie ein Werbefilm von RWE aus dem Jahr 2008, in der ein freundlicher Riese Windräder pflanzte – zu einer Zeit, als der Energiekonzern nur einen minimalen Anteil seines Stroms mit Windkraft erzeugte. Bekannter ist die Regenwaldkampagne der Brauerei Krombacher. Auch Imagekampagnen der Atomindustrie werden unter die Lupe genommen und von internationalen Experten eingeordnet.“

 

Quellen:

(1) zackzack.at über das aktuelle Weltwirtschaftsforum in Davos, 21.01.2020: https://zackzack.at/2020/01/21/davoser-elite-treffen/

(2) Greenwashing, in: thesustainablepeople.com

(3) ECOreporter, 17.01.2020: Nachhaltige ETFs: Die große Grünwäscherei – 7 angeblich nachhaltige Produkte im Test

(4) TerraChoice (2010), Seite 10.  The Sins of Greenwashing: Home and Family Edition, hier zitiert nach Quelle (2)

(5) Der ökologische Fußabdruck von Investmentfonds, Diefarbedesgeldes.de, 20.01.2020

(6) Verbraucherzentrale.de: Der Klimafußabdruck von Investmentfonds, 21.09.2017

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